Freitag, 25. August 2017

Ein paar Gedanken zu: „Table 19 – Liebe ist fehl am Platz“

(© Twentieth Century Fox)
Table 19 (USA 2017)

Regie: Jeffrey Blitz
Drehbuch: Jeffrey Blitz, Mark und Jay Duplass (Story)
Mit: Anna Kendrick, Stephen Merchant, Craig Ferguson, Lisa Kudrow, June Squibb, Tony Revolori, Wyatt Russell

Handlung: Eloise (Kendrick) wird kurz vor der Hochzeit einer langjährigen Freundin von ihrer Aufgabe als Trauzeugin entbunden – weil ihr Freund Teddy (Russell), Bruder der Braut und ebenfalls Trauzeuge, mit ihr Schluss macht. per SMS. Doch erhobenen Hauptes macht sie sich dennoch auf den Weg zur Hochzeit, wo sie an einem Tisch mit den anderen
Unerwünschten platziert wird. Und die sechs Fremden versuchen daraufhin, das Beste aus der Situation zu machen...

Wertung★★★★☆☆☆☆


„Table 19“ lässt sich grob in zwei Hälften einteilen. In den ersten 45 bis 60 Minuten werden Hochzeitsklischees durch die Augen schrullig-verschrobener und stets sympathischer Außenseiter betrachtet und durch den Kakao gezogen, wodurch eine Vielzahl humorvoller Situationen entsteht – wie zum Beispiel das gezwungene Zusammentreffen völlig verschiedener Charaktere, deren Diskussion schließlich in einen fast Guy-Ritchie-esken Rundflug durch die Hochzeitsgesellschaft ausartet. Hier zünden sogar die meisten Gags noch recht gut, selbst wenn sie auf reinen Slapstick ausgelegt sind und auch die Eigenheiten der sehr überspitzten Figuren sind interessant und noch nicht abgenutzt.

Kurz nach dem imaginären Halbzeitpfiff des Films schlägt die Stimmung durch ein paar kleine und einen großen Twist dann aber plötzlich um und auch das Genre scheint plötzlich ein anderes: Von der beschwingt-skurrilen Komödie wird „Table 19“ zur versucht rührenden und gewollt romantischen Dramödie. Die Gags bis zum Ende des Films lassen sich jetzt an einer Hand abzählen und leider wirkt plötzlich alles gezwungen. Als hätten die Autoren Jeffrey Blitz sowie Jay und Mark Duplass sich gedacht: „45 Minuten lang machen wir, worauf wir Lust haben – aber dann muss hier eine bewegende und tiefgründige Geschichte rein.“ Und leider funktioniert das überhaupt nicht, vor allem das gewollt Tiefgründige wird zum Problem: Wenn das Ehepaar Kebb (Craig Robinson und Lisa Kudrow) seine Beziehungsprobleme vor dem Publikum ausbreitet, dann ist das weder dramatisch, noch macht es die Figuren vielschichtig – nein, vielmehr ist es nur langweilig und stets ist der Ausgang des Ganzen am Horizont sichtbar. Über das Happy End, das der insgesamt vergurkten zweiten Hälfte schlussendlich die traurige Krone aufsetzt, möchte ich hier gar nicht viele Worte verlieren. Aber: Bevor es sich – immer noch sehr unrund – in den Film eingefügt hat, musste es wohl erst gedemütigt, gefesselt, geknebelt und bewusstlos geschlagen werden.

v.l.n.r.: Tony Revolori, Stephen Merchant, Anna Kendrick, June Squibb
(© Twentieth Century Fox)


Positiv hervorzuheben sind aus „Table 19“ aber zumindest noch zwei Darsteller. Der Erste ist Stephen Merchant, dessen Verkörperung des Knasti-Muttersöhnchens Walter sich irgendwo zwischen unheimlich und zum Brüllen komisch bewegt und der zudem für den besten Running Gag des Films sorgt, wenn er alle Nase lang mit dem Hotelpersonal verwechselt wird und nur zu gerne zur Hand geht. Zusammen mit „Grand Hotel Budapest“-Page Tony Revolori (der mit adretter Fell-Fliege ausgestattet schon mal mit seinem Riesenglied prahlt) streut der schlaksige Brite eine schöne Prise Nonsens in die sich sonst in recht gewöhnlichen Bahnen bewegende Komödie. Die Zweite, die ich hier lobend erwähnen will, ist Hauptdarstellerin Anna Kendrick („Pitch Perfect“), die die Adjektive „süß“ und „witzig“ mit ihrer Darstellung der geschassten Freundin und Trauzeugin Eloise in Perfektion vereint (Die Aufnahme von „sützig“ in den Duden ist schon beantragt).

Aufgrund der einzelnen Charaktere, die sich am titelgebenden Tisch 19 versammeln und alle ihre (zumindest zu Beginn noch) interessanten Eigenarten mitbringen, lohnt sich ein Blick auf „Table 19“. Auch, weil es alle Darsteller schaffen ihren Rollen eine schöne Portion Herzlichkeit mitzugeben. Mit einem besseren (heißt: originelleren und ausgewogeneren) Drehbuch hätten die sechs unerwünschten Hochzeitsgäste wohl eine durchgehend witzige-unterhaltsame Kino-Party feiern können. So muss man leider das Fazit ziehen, dass die zweite Hälfte enorm abfällt und die gute erste damit leider ein Stück weit mit in den Abgrund gezogen wird. Vor allem das gekünstelte Finale hinterlässt schlussendlich einen bitteren Geschmack.


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