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(© Twentieth Century Fox) |
Regie: Jeffrey Blitz
Drehbuch: Jeffrey Blitz, Mark und Jay Duplass (Story)
Mit: Anna Kendrick, Stephen Merchant, Craig Ferguson, Lisa Kudrow, June Squibb, Tony Revolori, Wyatt Russell
Handlung: Eloise (Kendrick) wird kurz vor der Hochzeit einer langjährigen Freundin von ihrer Aufgabe als Trauzeugin entbunden – weil ihr Freund Teddy (Russell), Bruder der Braut und ebenfalls Trauzeuge, mit ihr Schluss macht. per SMS. Doch erhobenen Hauptes macht sie sich dennoch auf den Weg zur Hochzeit, wo sie an einem Tisch mit den anderen „Unerwünschten“ platziert wird. Und die sechs Fremden versuchen daraufhin, das Beste aus der Situation zu machen...
Wertung: ★★★★★☆☆☆☆☆
„Table 19“ lässt sich grob in zwei Hälften einteilen. In den ersten 45 bis 60 Minuten werden Hochzeitsklischees durch die Augen schrullig-verschrobener und stets sympathischer Außenseiter betrachtet und durch den Kakao gezogen, wodurch eine Vielzahl humorvoller Situationen entsteht – wie zum Beispiel das gezwungene Zusammentreffen völlig verschiedener Charaktere, deren Diskussion schließlich in einen fast Guy-Ritchie-esken Rundflug durch die Hochzeitsgesellschaft ausartet. Hier zünden sogar die meisten Gags noch recht gut, selbst wenn sie auf reinen Slapstick ausgelegt sind und auch die Eigenheiten der sehr überspitzten Figuren sind interessant und noch nicht abgenutzt.
Kurz nach dem imaginären Halbzeitpfiff
des Films schlägt die Stimmung durch ein paar kleine und einen
großen Twist dann aber plötzlich um und auch das Genre scheint
plötzlich ein anderes: Von der beschwingt-skurrilen Komödie wird
„Table 19“ zur versucht rührenden und gewollt romantischen
Dramödie. Die Gags bis zum Ende des Films lassen sich jetzt an einer
Hand abzählen und leider wirkt plötzlich alles gezwungen. Als
hätten die Autoren Jeffrey Blitz sowie Jay und Mark Duplass sich
gedacht: „45 Minuten lang machen wir, worauf wir Lust haben –
aber dann muss hier eine bewegende und tiefgründige Geschichte
rein.“ Und leider funktioniert das überhaupt nicht, vor allem das
gewollt Tiefgründige wird zum Problem: Wenn das Ehepaar Kebb (Craig
Robinson und Lisa Kudrow) seine Beziehungsprobleme vor dem Publikum
ausbreitet, dann ist das weder dramatisch, noch macht es die Figuren
vielschichtig – nein, vielmehr ist es nur langweilig und stets ist
der Ausgang des Ganzen am Horizont sichtbar. Über das Happy End, das
der insgesamt vergurkten zweiten Hälfte schlussendlich die traurige
Krone aufsetzt, möchte ich hier gar nicht viele Worte verlieren.
Aber: Bevor es sich – immer noch sehr unrund – in den Film
eingefügt hat, musste es wohl erst gedemütigt, gefesselt, geknebelt
und bewusstlos geschlagen werden.
v.l.n.r.: Tony Revolori, Stephen Merchant, Anna Kendrick, June Squibb (© Twentieth Century Fox) |
Positiv
hervorzuheben sind aus „Table 19“ aber zumindest noch zwei
Darsteller. Der Erste ist Stephen Merchant, dessen Verkörperung des
Knasti-Muttersöhnchens Walter sich irgendwo zwischen unheimlich und
zum Brüllen komisch bewegt und der zudem für den besten Running Gag des Films sorgt, wenn er alle Nase lang mit dem Hotelpersonal verwechselt wird und nur zu gerne zur Hand geht. Zusammen mit „Grand Hotel
Budapest“-Page Tony Revolori (der mit adretter Fell-Fliege
ausgestattet schon mal mit seinem Riesenglied prahlt) streut der schlaksige Brite eine schöne
Prise Nonsens in die sich sonst in recht gewöhnlichen Bahnen
bewegende Komödie. Die Zweite, die ich hier lobend erwähnen will, ist Hauptdarstellerin Anna
Kendrick („Pitch Perfect“), die die Adjektive „süß“ und
„witzig“ mit ihrer Darstellung der geschassten Freundin und
Trauzeugin Eloise in Perfektion vereint (Die Aufnahme von „sützig“
in den Duden ist schon beantragt).
Aufgrund der einzelnen Charaktere, die
sich am titelgebenden Tisch 19 versammeln und alle ihre (zumindest zu
Beginn noch) interessanten Eigenarten mitbringen, lohnt sich ein
Blick auf „Table 19“. Auch, weil es alle Darsteller schaffen
ihren Rollen eine schöne Portion Herzlichkeit mitzugeben. Mit einem
besseren (heißt: originelleren und ausgewogeneren) Drehbuch hätten
die sechs unerwünschten Hochzeitsgäste wohl eine durchgehend
witzige-unterhaltsame Kino-Party feiern können. So muss man leider
das Fazit ziehen, dass die zweite Hälfte enorm abfällt und die gute
erste damit leider ein Stück weit mit in den Abgrund gezogen wird.
Vor allem das gekünstelte Finale hinterlässt schlussendlich einen
bitteren Geschmack.
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