Mittwoch, 19. September 2018

#Horrorctober 2016: "Der Untergang des Hauses Usher"

"Der Untergang des Hauses Usher" ist ein französischer, auf einer Kurzgeschichte von Edgar Allan Poe basierender Stummfilm aus dem Jahr 1928, Regie führte Jean Epstein. Unterstützt wurde er vom spanisch-mexikanischen Meister des surrealen Films, Luis Buñuel, nur ein Jahr bevor dieser seinen wegweisenden Kurzfilm "Ein andalusischer Hund" produzierte. Nach Uneinigkeiten mit Regisseur Epstein kehrte er dem Projekt zwar wieder den Rücken, sein Einfluss ist dennoch unübersehbar.

Handlung

Charles Lamy und Jean Debucourt (© Image Entertainment)
Die Geschichte dreht sich um das Schicksal des Sir Roderick Usher (Jean Debucourt), der zusammen mit seiner Frau Madeleine (Marguerite Gance) auf dem alten Landsitz seiner Familie lebt. Da seine Gemahlin an einer mysteriösen Krankheit leidet, ruft Roderick einen Arzt (Charles Lamy) zu Hilfe – doch auch dieser findet keinen Grund für das mysteriöse Leiden. Schnell wird klar, dass der stetige gesundheitliche Verfall Lady Ushers mit der Leidenschaft ihres Mannes zusammenhängt, ein Porträt von ihr anzufertigen – je mehr Madeleine auf der Leinwand Gestalt annimmt, desto mehr weicht das Leben aus der realen Person. Eines Tages bricht sie endgültig zusammen und wird für tot erklärt. Sir Roderick verzweifelt daraufhin immer mehr und verfällt dem  Wahnsinn... doch sind wirklich alle Lebensgeister aus seiner Frau gewichen?

Meinung

"Der Untergang des Hauses Usher" widerspricht heutigen Sehgewohnheiten nahezu komplett. Und damit meine ich nicht, dass es sich um einen Schwarz-Weiß- und Stummfilm handelt, sondern vielmehr die Art und Weise, wie die Geschichte erzählt wird. Die Narration ist sehr zurückhaltend, lediglich in sehr wenigen erklärenden Texttafeln wird die Handlung vorangetrieben. Mehr als auf eine fesselnde und gruselige Geschichte setzt Regisseur Epstein auf den Aufbau einer morbiden Atmosphäre. Und dabei wird auch der klare Einfluss Buñuels deutlich, denn die Stimmung des Films entsteht zu großen Teilen durch Elemente, die 1929 in "Ein Andalusischer Hund" wieder auftauchen: viele Close-ups auf Gesichter, Gegenstände oder Tiere; lange und statische Einstellungen; Überblenden.

Special Effects 1920s Style (© Image Entertainment)
Die dadurch erzeugte Atmosphäre wirkt tatsächlich auch heute noch. Zwar ist es von Nöten, sich voll und ganz auf das Bildschirm-Geschehen einzulassen, was anstrengend sein kann: Es passiert und stellenweise bekommt man schier endlos anmutende Einstellungen vorgesetzt, ohne, dass die Handlung auch nur ein Stückweit voranschreitet. Wenn man es aber schafft, sich vollkommen von den Bildern einlullen zu lassen, dann lässt einen "Der Untergang des Hauses Usher" auch heute, fast 90 Jahre nach Erscheinen des Films, noch schaudern. Einen nicht unerheblichen Beitrag leistet dazu Hauptdarsteller Jean Debucourt. Gerade nach dem Verlust der Frau wird auch seine Darstellung des mehr und mehr dem Wahnsinn verfallenden Adeligen immer irrer, verleiht der Figur aber auch durchgehend etwas schauderhaft Glaubwürdiges.

Fazit

Was Avantgardist Epstein und Surrealist Buñuel hier auf die Leinwand bannten, ist seiner Zeit um einige Jahre voraus und auch heute noch beeindruckend. Abgesehen davon wirkt die Erzählweise doch sehr ungewohnt für unsere heutigen Sehgewohnheiten und ein klein wenig anstrengen muss man sich schon, um die überschaubare Laufzeit von 63 Minuten aufmerksam durchzustehen. Eine Wertung verkneife ich mir an dieser Stelle, da der Film sich kaum in ein modernes Bewertungssystem einordnen lässt. Vor allem aus filmhistorischer Sicht ist der Blick auf den Untergang des Hauses Usher jedoch eine gut investierte Stunde.

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